Profil: Hecken Sebastian Kurz, Gernot Blümel und Klaudia Tanner geheime Sparpläne für das Bundesheer aus?

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
Verteidigungsministerin Klaudia Tanner
© APA

Im Bundesheer macht sich Nervosität breit. Grund dafür sind die angelaufenen Budgetverhandlungen zwischen Finanz- und Verteidigungsministerium (BMLV). Finanzminister Gernot Blümel, ÖVP, verordnete bekanntlich rigide Budgetdisziplin mit gewissen Ausnahmen: Während die Volkspartei in die innere Sicherheit investieren will, wird bei der äußeren gespart. Polizisten sind den Bürgern laut Umfragen eben wichtiger als Soldaten. Auf dem Papier könnte das Bundesheer 2020 zwar mehr Mittel erhalten, die aber maximal die Inflationsbedingt steigenden Kosten (etwa für Personal) decken. Im Doppelbudget 2021/2022 droht eine deutliche Verschlechterung.

Laut profil-Informationen verlieren Heer und Verteidigungsministerium in den kommenden Jahren durch natürlichen Abgang bis zu 3500 Beschäftigte (bei insgesamt 21.000 Berufssoldaten). Schon in den vergangenen Jahren konnten die Pensionierungen nur knapp durch Neuaufnahmen ausgeglichen werden. Nun droht dem Heer ein Aufnahmestopp. Die dadurch eingesparten Gelder sollen in notwendige Investitionen fließen. Der Haken: Weniger Personal im Heer bedeutet auch weniger Einsatzbereitschaft. Wie Landesverteidigung, Assistenzeinsätze an den Grenzen und Katastrophenschutz mit weniger Soldaten bewältigt werden können, bleibt offen. Von derzeit vier Brigaden der Landstreitkräfte könnten nur zwei oder gar eine übrig bleiben.

Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) will sich zu den kolportierten Kürzungen nicht äußern. Man verhandle das Budget mit dem Finanzministerium und nicht über die Medien, lässt sie verlauten.

Koalitionsstreit wegen Überschalljets?

Für Irritation bei so manchem hochrangigen Offizier sorgen drei neue zivile Mitarbeiter, die vom Bundeskanzleramt in die Landesverteidigungsakademie (Lavak) versetzt wurden. Dem Vernehmen nach sollen sie von dort den jüngst bestellten BMLV-Generalsekretär Dieter Kandlhofer bei der Neuausrichtung des Verteidigungsministeriums (es war zuletzt 2007 unter ÖVP-Führung) unterstützen. Kandlhofer war vor seinem Wechsel in das Verteidigungsministerium Generalsekretär im Bundeskanzleramt und damit ein Vertrauensmann von Regierungschef Sebastian Kurz. Einer der Jobs in der Lavak wurde mit dem Juristen B. besetzt, der im Kanzleramt unter Kurz für die Verwaltungsreform zuständig war. Dessen neuer Job an der Lavak ist als Abteilungsleiter eingestuft. Ausgeschrieben wurde der Posten allerdings nicht. Laut BMLV sei B.s Planstelle vom Kanzleramt ins Verteidigungsministerium gewandert. Er werde in der Lavak wissenschaftlich tätig sein und zusätzlich das Kabinett der Bundesministerin beraten. Laut profil-Infos könnte B. sogar zum stellvertretenden Kabinettschef aufsteigen.

Bei der Luftraumüberwachung (LRÜ) könnte der erste ernsthafte Streit in der Koalition ausbrechen. Die Grünen sprechen sich zwar auch für Abfangjäger aus, lehnen aber Überschalljets wie die Eurofighter ab. Die ÖVP sieht das anders. Bei einer Unterredung vergangenen Donnerstag von Ministerin Klaudia Tanner mit Finanzprokuratur-Präsident Wolfgang Peschorn und den Wehrsprechern der Parlamentsparteien zum Streit mit Airbus präsentierte Generalsekretär Kandlhofer per Power-Point Konzepte für die Luftraumüberwachung. Überschalljets für das Bundesheer waren dabei ein fixer Bestandteil. Im anschließenden Pressegespräch meinte Klaudia Tanner eher zurückhaltend, es gebe es „kein Land in Europa, das bei der Luftraumüberwachung auf Überschall-Flieger verzichtet“. Eine Entscheidung soll noch vor dem Sommer fallen.

Quelle: Profil.at

BM Tanner: „Das Bundesheer ist einsatzfähig“

In einem Gespräch mit den Niederösterreichischen Nachrichten bezeichnet die Verteidigungsministerin das Bundesheer als einsatzfähig.

Zitate aus dem Bericht:

  1. „Ich kann aber versichern, dass das Bundesheer einsatzfähig ist. Das ist unsere Aufgabe.
  2. Selbstverständlich sind wir einsatzbereit für alle Aufgaben, die uns die Verfassung aufträgt. Gerade im Bereich des Katastrophenschutzes ist das immer eine Assistenzaufgabe. Denn die erste Aufgabe ist die militärischen Landesverteidigung.

Worauf gründet sich diese Aussage?
Was ist in den Wochen seit der Übernahme der Geschäfte von BM Starlinger geschehen?
Oder darf man das so verstehen, dass es Ministeriumsaufgabe ist, die Einsatzfähigkeit zu versichern (Zitat 1)?
Wo wäre die Einsatzbereitschaft zur militärischen Landesverteidigung zu sehen, wenn es nicht einmal genug Fahrzeuge gibt, um die Assistenzaufgabe „Katastrophenschutz“ (Zitat 2) zu bewältigen?
Wir warten gespannt auf weitere Erklärungen, die uns die Einsatzfähigkeit verdeutlichen …

Und wieder nur ein unbedeutender Einzelfall …

Immer mehr Citrix-Systeme mit Schadsoftware verseucht

Für die verheerende Sicherheitslücke in Citrix-Systemen sind erste „Patches“ des Herstellers erschienen, von Entwarnung kann aber keine Rede sein. Eine genauere Analyse der „NetScaler Gateways“ von Citrix bei Kunden habe gezeigt, dass viele bereits kompromittiert waren, sagte der IT-Sicherheitsexperte Manuel Atug zur ORF.at. Atug rät dringend dazu, die betreffenden Citrix-Systeme beim geringsten Verdacht völlig neu aufzusetzen, das holländische Cyber Security Zentrum empfiehlt Ähnliches.

Auch wenn die Kompromittierungen auf gewöhnliche Kriminelle hindeuten, ist das kaum beruhigend. Wenn nämlich Kriminelle ein solches Sicherheitsloch entdecken, dann waren staatliche Akteure in der Regel schon vorher drin, um ein unscheinbares Stück Schadsoftware abzusetzen.
In Österreich wurden hunderte Citrix-Systeme um Wochen zu spät abgesichert, darunter auch das ELAK-System des elektronischen Amtsverkehrs.

Quelle: orf.at

Wer soll uns denn bitte angreifen?

Gastkommentar von Lukas Bittner in der Wiener Zeitung vom 24.1.2020

In der Debatte um das Bundesheer geht es vor allem um die richtige Fragestellung.

In Diskussionen um die Finanzierung des Bundesheeres kommt sehr schnell die Frage auf: Wer soll uns denn bitte angreifen? Und auch wenn die Frage berechtigt klingt, so ist sie dennoch nicht zielführend. Es steht außer Frage, dass öffentliche Mittel zielgerichtet verwendet werden. Eine planlose Aufrüstung, nur um der Aufrüstung willen, wäre die falsche Vorgehensweise. Allerdings wäre die Fokussierung auf einen konkreten Angreifer bei der Streitkräfteentwicklung genauso der falsche Ansatz.

Lukas Bittner hat Politikwissenschaft studiert und ist Mitarbeiter in der Abteilung Militärstrategie im Bundesministerium für Landesverteidigung. - © privat
Lukas Bittner hat Politikwissenschaft studiert und ist Mitarbeiter in der Abteilung Militärstrategie im Bundesministerium für Landesverteidigung. – © privat

Eine moderne Streitkräfteentwicklung basiert auf einem praktischen Ansatz: Wie werden heute bewaffnete Konflikte ausgetragen? Welche Waffensysteme und Strategien werden wie und für welchen Zweck eingesetzt? Zur Verdeutlichung ein praktischer Vergleich: Das Bundesheer verfolgt hier einen ähnlichen Ansatz wie Polizei oder Feuerwehr. Letztere entwickelt Löschfahrzeuge und Systeme, um brennende E-Autos zu löschen. Sie entwickelt aber kein „Tesla-Löschfahrzeug“. Polizeikräfte analysieren, wie Kriminelle in Häuser einbrechen und im Internet Identitäten fälschen. Sie konzentrieren sich aber nicht ausschließlich auf eine bestimmte Bande.

Ähnliches gilt für die Streitkräfteentwicklung. Es geht nicht darum, wer uns heute oder morgen konkret angreift, sondern wie und womit heutzutage Konflikte ausgetragen werden. Darüber hinaus gilt es auch zu analysieren, welche Systeme gerade entwickelt und sehr wahrscheinlich in den kommenden Jahren verwendet werden. Würde man sich nur auf einen konkreten, aktuellen Gegner konzentrieren, wäre es, als würde die Feuerwehr nur auf den letzten Einsatz oder die Polizei auf den letzten Einbruch schauen. Jedem ist klar, dass das langfristig nicht zielführend, ja geradezu gefährlich ist.

Darüber hinaus darf auch die zeitliche Komponente nicht unterschätzt werden. Ausrichtung, Ausbildung und Beschaffung neuer Waffensysteme erfordern zumindest zehn Jahre. Entscheidungen, die heute für oder gegen eine Waffengattung oder ein bestimmtes System getroffen werden, zeigen ihren Effekt erst in zehn Jahren. Die internationale Lage kann sich aber schnell ändern. Wer hätte sich erwartet, dass der IS im Sommer 2014 innerhalb weniger Tage und Wochen große Gebiete des Irak und Syriens unter seine militärische Kontrolle bringen könnte. Streitkräfte müssen heute so entwickelt werden, dass sie sich flexibel an sich ändernde Bedingungen anpassen und auch noch im Jahr 2030 und darüber hinaus der Sicherheitsgarant Österreichs sein können.

Also, wozu ein Bundesheer? Das Bundesheer muss sich vor allem am Charakter der derzeitigen und absehbaren Konfliktführung ausrichten. Das umfasst ein breites Spektrum. Ein Blick über unsere Grenzen hinaus zeigt, dass Konflikte heute immer noch mit Kugeln und Granaten ausgetragen werden und Menschen weiterhin durch Schusswaffen in militärischen Konflikten sterben. Gleichzeitig können aber auch Cyberangriffe ganze Gesellschaften lahmlegen. Das Bundesheer muss sich daher auf unterschiedliche Aufgaben vorbereiten. Ein ausschließliches Ausrichten auf Cyberangriffe wäre genauso wenig zielführend wie eines auf konventionelle Schlachten.